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Die Friedensglocke (1649)

Friedensglocke

Ihr Name ruft nach Frieden, doch die Friedensmahner haben stets das schwerste Schicksal zu teilen. Aber der Reihe nach. Die Inschrift der Glocke spricht läßt wenig Zweifel über ihre Herkunft aufkommen:

S. Maria hischen ich; zur Ehre Gottes und H. Kreutz und S. Sebastiani Bruderschaft dienen ich. Ope Huberti Molitoris De Metternich Scabini in Arlof et Mariae Quondam, Nunc Apolloniae Conjugis, ex Secunda Prima Facta sum Anno 1649, Claudi Lamiral Me Fecit.

Auf Deutsch: Sankt Maria heiße ich, zur Ehre Gottes und des Heiligen Kreuzes und der Sankt-Sebastian-Bruderschaft diene ich.

Stiftungsornament
Insignien der Stifter

Durch die Hilfe des Hubert Molitor aus Metternich, Schöffe in Arloff, und seiner früheren Ehefrau Maria sowie seiner jetzigen Frau Apollonia bin ich aus der Zweiten zur Ersten gemacht worden. Im Jahre 1649. Claudius Lamiral hat mich gegossen.

Zunächst das naheliegende: Die Geldgeber für den Glockenguß haben sich in der Inschrift verewigen lassen, also eine alte Art des Sponsorings. Weiter läßt die Inschrift auf eine Schützenbruderschaft schließen, die schon damals bestanden haben muß. Das wichtigste aber ist "...bin ich aus der Zweiten zur Ersten gemacht worden...". Hier läßt sich das Verbleiben der Schwester der Marienglocke erahnen. Sie wurde vermutlich eingeschmolzen und vergrößert. Anlaß dafür war das Ende des Dreißigjährigen Krieges mit dem Westfälischen Frieden 1648. Daher auch der Name "Friensglocke", der in der Inschrift nicht erwähnt wird.

Arloffer Dingstuhl
Siegel des Arloffer Dingstuhls

Aber als Friedensmahner traf sie ein besonderes Schicksal. Im Zweiten Weltkrieg gab Hitler den Befehl "Alle Glocken schmilzen für den Sieg!". Die Glocken wurden nach historischer Bedeutung in Klassen eingeteilt. Die Marien- und Friedensglocke sollten danach eingeschmolzen werden. Aber Pastor Nikola Reinartz, der sich den Nazis stets nach allen Kräften widersetzte, traf mit den Pfarreien Stotzheim und Köln-Poll eine Vereinbarung. Sie gaben ihre weniger wertvollen Glocken, und nahmen dafür die beiden Kreuzweingartenerinnen auf. Während in Stotzheim alles glatt lief, und die Marienglocke nach dem Krieg unversehrt zurückkehrte (auch die stattdessen weggegebene Stotzheimer Glocke fand sich heil wieder), wurde die Poller Kirche von einem Bombenangriff der Amerikaner schwer getroffen. Die Friedensglocke stürzte rot glühend vom Turm, und bekam einen großen Riß im oberen Teil. Als sie nach dem Krieg wieder in ihrer Heimat ankam, stabilisierten die örtlichen Handwerker sie mit einem Bolzen, aber der Riß wurde trotzdem beim Läuten größer. Nun zog man einen Glockensachverständigen hinzu, der eine Schweißung bei einer Spezialfirma vorschlug; außerdem sollte das Geläute um zwei weitere Glocken ergänzt und auf elektrischen Antrieb umgestellt werden.

Die Friedensglocke wurde darauf hin verschweißt, der Glockenstuhl für insgesamt fünf Glocken erweitert und die vorhandenen Glocken auf automatik umgestellt.

Kreuz
Großes Kreuz an der Glocke

Nach ein paar Jahren aber kam der Riß erneut zum Vorschein. Man änderte die Pläne: Die Friedensglocke sollte von nun auf dem Friedhof als Mahnmal dienen, und durch eine neue, etwas größere Glocke ersetzt werden. Die Beschaffung der beiden zusätzlichen Glocken wurde auf Eis gelegt. Als Ersatz kam die Bruderschaftsglocke und die Friedensglocke wurde vor dem Friedhoskreuz abgestellt.

Zehn Jahre später befaßte man sich wieder mit der Friedensglocke. Wäre es nicht besser, die Glocke durch einbetonieren des Klöppels vor Diebstahl zu sichern, anstatt lose auf dem Kirchhof stehen zu lassen? Auch eine kaputte Glocke hat schließlich einen gewissen Wert. Während man noch überlegte, kam die Nachricht des "Glockenwunders von Nördlingen". Die dort ansässige Firma Lachenmeyer hatte mit der Restaurierung der Erfurter Glocke "Gloriosa" ein Wunder vollbracht. Könnte man also nicht...

Wieder wurde ein Sachverständiger konsultiert und die Glocke untersucht: "Sas müsste klappen". Die Frauengemeinschaft des Doppeldorfes finanzierte das Ganze, und dann wurde die Glocke wieder auf Reisen geschickt. In Nördlingen wiederholte man das "Wunder" des autogenen Schweißens. Dazu wird die Glocke bis kurz vor den Schmelzpunkt erhitzt und dann in diesem Zustand geschweißt.

Das Ergebis war gut und nun hängt sie wieder in luftiger Höhe, und ruft nach Frieden. Bis es aber soweit war, wurde noch die Bruderschaftsglocke gegossen.

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